Intestinales Mikrobiom
Innovative molekularbiologische Analyse für eine umfassende Bewertung der Darmflora.
Die Darmflora, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Darm besiedeln, spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit des Menschen. Eine Dysbiose des Darmmikrobioms, wie durch zahlreiche Studien belegt, ist mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht worden. Dazu zählen das metabolische Syndrom, Diabetes, entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, das Reizdarmsyndrom, Darmkrebs, Calciumoxalat-Harnsteine, kardiovaskuläre Erkrankungen, Rheumatoide Arthritis sowie neurologische Störungen.
Seit Juni 2016 bietet die GANZIMMUN Diagnostics GmbH in der Stuhldiagnostik die Methode der Next-Generation-Sequencing an. Diese Methode hat die Diagnostik revolutioniert, da sie die Erkennung fast aller bisher bekannten Bakterien ermöglicht. Next-Generation-Sequencing ermöglicht eine präzise Beurteilung der Auswirkungen der individuellen und hochkomplexen Mikrobiota auf die Kolonisationsresistenz, Verdauungsprozesse, Absorption von Nährstoffen und Vitaminen sowie auf die Immunität. Dieses molekularbiologische Testverfahren erfasst auch anaerobe Bakterien auf höchstem technischen Niveau, die sich nicht kulturell anzüchten lassen.
Definition "Intestinales Mikrobiom"
Das Mikrobiom bezieht sich auf die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die ein bestimmtes Biotop besiedeln. Das intestinale Mikrobiom umfasst Bakterien, Pilze, Viren und Parasiten. In der Mikrobiom-Analyse werden insbesondere die Bakterien genauer untersucht.
Der menschliche Körper besteht aus etwa 10 Billionen (1013) Zellen. Die Mikroorganismen, die auf der Haut, den Schleimhäuten und im Darm in Symbiose leben, erreichen eine Zahl, die um das Zehnfache höher ist, nämlich etwa 100 Billionen (1014), als die Anzahl der menschlichen Zellen.
Die Menge der Gene im Mikrobiom ist etwa 30-mal größer als die des menschlichen Genoms. Daher ist es nicht überraschend, dass aufgrund der erheblichen Stoffwechselaktivität der bakteriellen Masse im Darm, die ein Gewicht von bis zu 1,5 kg erreichen kann, diesem eine eigenständige Organposition zugeschrieben wird.
Die Genese
Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren entstanden die ersten Mikroorganismen, die durch Stickstoff aus der Uratmosphäre Energie erzeugen konnten. Diese Prokaryonten, auch Archaea und Bacteria genannt, teilten sich in zwei Gruppen auf. Archaea können beispielsweise aus Methanol ohne Sauerstoff Energie gewinnen und bilden heute den Hauptteil des Meeresplanktons. Bacteria entwickelten spezielle Formen der Energiegewinnung wie Photosynthese und die aerobe sowie anaerobe Atmung. Beide Gruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie keinen Zellkern besitzen, und ihre genetische Information (DNS) liegt frei im Zytoplasma.
Gemäß der Endosymbiontentheorie integrierten die Archaea einzelne Bacteria in ihre Zellen und wandelten diese in Zellorganellen wie Mitochondrien oder Chloroplasten um. Diese Einzeller bildeten einen Zellkern und werden heute als Eukaryonten bezeichnet. Komplexe Organismen wie Pflanzen und Tiere stammen demnach von einer eukaryonten Urzelle ab. Im Laufe der Evolution entwickelten sich Bacteria nicht durch Komplexität, sondern durch ihre Vielfalt. Menschen, Tiere und Pflanzen bildeten im Verlauf der Zeit eine Symbiose mit den Bakterien. Obwohl diese Symbiose schon vor Jahren entdeckt wurde, werden ihre Bedeutung und gegenseitige Auswirkungen erst seit einigen Jahren im Rahmen des Human Microbiome Projects genauer erforscht.
Aufgaben des Mikrobioms
Bakterien haben im allgemeinen Sprachgebrauch einen möglicherweise negativen Ruf, da sie in der öffentlichen Wahrnehmung oft als Krankheitserreger betrachtet werden. Tatsächlich sind sie jedoch für den Menschen unverzichtbar. Nach dem aktuellen Forschungsstand besiedeln mehr als 1.000 verschiedene Bakterienspezies den menschlichen Körper. Jeder Mensch beherbergt dabei mindestens 160 Spezies, die direkt oder indirekt an physiologischen Prozessen wie dem Stoffwechsel, der Immunität und dem Schutz vor anderen Pathogenen beteiligt sind.
Besiedlungswiderstand
"Bakterien schützen die Haut vor Infektionen und äußeren Umweltfaktoren. Zu den Bakterien des Hautmikrobioms gehören neben Staphylococcus epidermidis auch die Propionibakterien aus dem Stamm Actinobacteria. Diese umfassen 16 Spezies, die zur natürlichen mikrobiellen Flora einer gesunden Haut gehören."
Der Blick auf den Verdauungstrakt eines erwachsenen Menschen zeigt eine Besiedelung mit 10 bis 100 Billionen Bakterien, die mindestens 500 bis 1.000 unterschiedlichen Arten zuzuordnen sind. Über 90 % der Bakterien gehören zu den Stämmen Bacteroidetes, Proteobacteria, Actinobacteria und Firmicutes. Diese besetzen Nischen und Rezeptoren für bakterielle Adhäsine an Epithelzellen. So bilden sie eine Barriere für pathologische Bakterien wie Salmonellen, Shigellen, Campylobacter oder andere, indem sie Toxine für exogene Bakterien (Bakteriozine) produzieren.
Bifidobakterien und Lactobacillen besiedeln bereits in den ersten Wochen den Darm gestillter Kinder. Durch die Ansäuerung des Darmmilieus schützen sie vor der Ansiedlung von pathogenen Bakterien oder Pilzen.
Nährstoffe und Vitamine
Eine ausgewogene Darmflora ist für den Menschen von enormer Bedeutung. Sie zersetzt nicht verdaute Nahrungsbestandteile und produziert dabei kurzkettige Fettsäuren wie Milch-, Essig-, Propion- und Buttersäure. Die Unterschiede in der Energiegewinnung aus fermentierbaren Kohlenhydraten können je nach der Zusammensetzung der Bakterien, wie bei Firmicutes und Bacteroidetes, mehr als 10 % betragen. Diese Fettsäuren tragen nicht nur zu einer effizienteren Energiegewinnung bei, sondern sind auch die Hauptenergiequelle für die Enterozyten. Zudem spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Prävention chronisch entzündlicher Erkrankungen und Darmkrebs.
Andere Bakterien, wie ein Subtyp von Escherichia coli (Nissle 1917), können große Mengen des Hormons N-Acylphosphatidylethanolamin (NAPE) produzieren. Die Metaboliten dieses Hormons wirken appetitzügelnd.
Die Darmflora ist ebenfalls in der Lage, verschiedene Vitamine zu produzieren. Die Gattung Bacteroides unterstützt die Biotin-Synthese, bei Prevotella profitiert die Thiamin-Synthese, und Ruminococcus stärkt die Häm-Synthese, wodurch die Blutbildung gefördert wird. Andere Bakterien können das für die Synthese der Blutgerinnungsfaktoren II, VII, IX und X notwendige Vitamin K herstellen und die Gerinnung positiv beeinflussen.
Peristaltik und Konsistenz
Die Struktur des Stuhls wird maßgeblich von den Bakterien im Darm beeinflusst. Bakterien, die Methan produzieren, wie Methanobrevibacter smithii, neigen dazu, den Stuhl fester zu machen, da Methan eine hemmende Wirkung auf die Bewegungen des Dickdarms hat. Im Gegensatz dazu können Überwiegen von Bacteroides-Stämmen zu einer weicheren Konsistenz der Stühle führen, da sie die Bewegungen des Darms stimulieren. Diese komplexen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Bakterienarten im Darm verdeutlichen die Bedeutung einer ausgewogenen Darmflora für normale Verdauungsprozesse und die Regulation der Stuhlbeschaffenheit. Veränderungen im Gleichgewicht der Darmflora können zu unterschiedlichen Stuhlproblemen führen, und die Förderung einer gesunden Darmbakterienbalance kann dazu beitragen, die Darmgesundheit zu unterstützen.
Immunsystem
Die Bakterien im Darm spielen eine entscheidende Rolle bei der Stimulation des Immunsystems. Mit einer Gesamtoberfläche von über 200 m2 stellt der Darm die größte Kontaktfläche mit der Außenwelt dar. Die ständige Anwesenheit von Bakterien, Pilzen, Viren, Parasiten, ihren Stoffwechselprodukten, Toxinen, Allergenen und Nahrungsantigenen im Darm trägt wesentlich zur Entwicklung der erworbenen Immunität bei. Dieser ständige Kontakt wirkt immunregulatorische Effekte auf das lymphatische Gewebe aus, was zur Differenzierung der regulatorischen T-Lymphozyten und zur Bildung des anti-entzündlichen Interleukins IL-10 führen kann.
Bakterielle Diversität
Wie zuvor erwähnt, setzt sich das Mikrobiom aus zahlreichen Bakterienarten zusammen, die größtenteils anaerob wachsen. Diese Vielfalt, auch als Diversität bezeichnet, gewährleistet die Stabilität des bakteriellen Zusammenlebens. Je höher die Diversität ist, das heißt, je mehr verschiedene Bakterienspezies vorhanden sind, desto stabiler ist das Ökosystem.
Die Untersuchung der Yanomami-Indianer hat gezeigt, wie stark die aktuelle Zivilisation das Mikrobiom durch Diäten und die Anwendung von Antibiotika beeinflusst. Das Mikrobiom dieses Stammes, der erst vor wenigen Jahren im südamerikanischen Urwald entdeckt wurde, zeichnet sich durch die höchste Diversität aus, die jemals ermittelt wurde. Diese Diversität ist im Schnitt etwa doppelt so groß wie die der US-Amerikaner. Darüber hinaus ist die interindividuelle Variabilität des Mikrobioms so groß, dass bis heute in den tausenden von untersuchten Proben keine zwei gleichen Mikrobiome gefunden wurden.
Wird die Vielfalt durch Fehlernährung gestört, zeigt sich dies durch das Auftreten von Krankheiten, die mit der Darmflora assoziiert sind. Eine verminderte Diversität, insbesondere bei Säuglingen und älteren Menschen, macht sie anfällig für Infektionen mit toxinbildenden Clostridien. Clostridium spp. sind zu einem gewissen Prozentsatz ein Teil der physiologischen Darmflora der Menschen und verursachen normalerweise keine Beschwerden. Bei Einsatz von Antibiotika kann es jedoch zur Überwucherung einzelner Spezies wie Clostridium difficile kommen. Ein Teil dieser Bakterien ist in der Lage, ein Toxin zu bilden, das zu starken Durchfällen führt. Darüber hinaus kann sich Clostridium difficile über Endosporen sehr schnell ausbreiten und stellt im Krankenhaus, wo viele schwerkranke Patienten mit Antibiotika behandelt werden, ein gefürchtetes Bakterium dar. Bei einer schweren Clostridium difficile-assoziierten Diarrhö, die als Modellerkrankung eines gestörten Mikrobioms verstanden wird, werden derzeit unterschiedliche Therapieoptionen erprobt. Eine davon ist die Transplantation eines gesunden Spendermikrobioms, die in einigen Ländern zur Wiederherstellung einer Diversität der Darmflora bereits praktiziert wird.
Enterotypen
Dank neuer Technologien können die Daten der Gensequenzierung statistisch ausgewertet werden. Ein Großteil der bakteriellen Gene kommt in jedem menschlichen Darm vor und bildet ein sogenanntes Kernmikrobiom. Dieses kann je nach dominierender Bakteriengattung in drei Enterotypen eingeteilt werden.
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Typ 1 ist durch einen Überschuss an Keimen der Gattung Bacteroides gekennzeichnet, die die Buttersäure in fermentativen Prozessen herstellt. Dieser Typ ist assoziiert mit einem hohen Anteil an tierischen Proteinen und Fetten in der Ernährung und kommt am häufigsten in der westlichen Bevölkerung vor.
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Beim Typ 2 dominiert die Gattung Prevotella, die eine große Rolle hinsichtlich der Degradation der Glycoproteine auf der Darmschleimhaut spielt. Dieser Typ wird bei Bevölkerungsgruppen angetroffen, die einen hohen Anteil an Kohlenhydraten und einfachem Zucker in ihrer Ernährungsweise aufweisen.
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Der Typ 3 zeichnet sich durch einen relativ hohen Anteil an Ruminococcus aus. Diese Bakteriengattung bindet die Mucine und kann die beinhalteten Zuckerreste spalten. Darüber hinaus ist beim Typ 3 ein relativ hoher Anteil an methanproduzierenden Bakterien festzustellen.
Die Zusammensetzung der Bakterienflora im Darm, die den Enterotyp charakterisiert, bleibt langfristig stabil. Untersuchungen zeigen, dass selbst nach einer mehrtägigen Änderung der Ernährung kaum signifikante Veränderungen in den Enterotypen von Probanden festgestellt werden. Diese Einteilung erlaubt daher kaum Aussagen über kurzfristige Essgewohnheiten der Patienten. Es gibt keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Enterotypen und dem BMI oder Alter der Probanden. Trotzdem könnte diese individuelle Mikrobiom-Zusammensetzung diagnostische und möglicherweise prognostische Bedeutung für verschiedene Krankheiten wie Darmkrebs, metabolisches Syndrom, Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen haben.
Mukosaprotektive Flora
Die Vielfalt der Bakterienarten sowie die Gesamtzahl der Bakterien nehmen aboral (in Richtung des Darmausgangs) zu. Es gibt Unterschiede in der Zusammensetzung des Mikrobioms zwischen den proximalen (obere) und distalen (unteren) Abschnitten des Gastrointestinaltrakts. Zusätzlich gibt es Variationen in der mikrobiellen Zusammensetzung zwischen dem Darmlumen (dem Inneren des Darms) und der Darmschleimhaut. Bakterien, die die Mukusschicht besiedeln, zeichnen sich durch die Produktion von Mucin-bindenden extrazellulären Proteinen und Mucin-abbauenden Enzymen aus. Einige Bakterien, die das Mukosa-assoziierte Mikrobiom bei gesunden Menschen bilden, gehören zu den kommensalen Bakterien, darunter Akkermansia muciniphila, das mit verschiedenen schützenden Wirkungen verbunden ist.
Das intestinale Mikrobiom produziert auch energiereiche Verbindungen durch den Abbau von unverdaulichen Stoffen im Dickdarm, und dazu gehören kurzkettige Fettsäuren wie Essigsäure, Buttersäure und Propionsäure. Besonders Butyrat spielt eine bedeutende Rolle als eine Hauptenergiequelle für die Kolonozyten (Zellen der Dickdarmschleimhaut).
In diesem Kontext wurden Veränderungen in der Darmflora von Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen, Reizdarmsyndrom und Zöliakie festgestellt, insbesondere bei Faecalibacterium prausnitzii. Diese Bakterienart zählt zu den bedeutendsten Buttersäure produzierenden Bakterien im Dickdarm.
Vorteilhafte Auswirkungen der mukosaprotektiven Flora:
- Niedriger BMI-Index: Die Anwesenheit einer gesunden mukosaprotektiven Flora korreliert positiv mit einem niedrigen Body-Mass-Index (BMI), was auf eine günstige Beeinflussung des Gewichts hindeutet.
- Reduzierte Adipogenese: Die mukosaprotektive Flora trägt dazu bei, die Bildung von Fettgewebe (Adipogenese) zu reduzieren, was positive Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel haben kann.
- Reduzierte Adipöse Gewebeinflammation: Eine gesunde mukosaprotektive Flora ist mit einer Verringerung der Entzündung im Fettgewebe verbunden, was zu einer insgesamt geringeren Gewebeentzündung führt.
- Reduzierte Metabolische Endotoxinämie: Die Flora schützt vor einer erhöhten Konzentration von endotoxischen Substanzen im Stoffwechsel, was wiederum positive Effekte auf den Gesamtstoffwechsel hat.
- Reduzierte Insulinresistenz: Eine mukosaprotektive Flora kann dazu beitragen, die Insulinresistenz zu verringern, was wichtig für die Regulation des Blutzuckerspiegels ist.
- Erhaltung der physiologischen Darmbarriere: Die Flora spielt eine Rolle bei der Aufrechterhaltung der physiologischen Barriere im Darm, was den Schutz vor unerwünschten Substanzen und Pathogenen unterstützt.
- Antiinflammatorische Wirkung: Die mukosaprotektive Flora zeigt eine entzündungshemmende Wirkung, was dazu beiträgt, Entzündungen im Darm und im gesamten Organismus zu reduzieren.
Diese positiven Einflüsse unterstreichen die Bedeutung einer gesunden mukosaprotektiven Flora für verschiedene Aspekte der Stoffwechselgesundheit und des allgemeinen Wohlbefindens.
Firmicutes/Bacteroidetes-Ratio
In zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen in den letzten Jahren wurde eine Verbindung zwischen der Firmicutes/Bacteroidetes-Verhältnis und dem Körpergewicht des Menschen aufgezeigt: Ein niedrigerer Anteil an Firmicutes oder ein höherer Anteil an Bacteroidetes scheinen mit einem geringeren Körpergewicht in Zusammenhang zu stehen.
In einer amerikanischen Studie wurde festgestellt, dass der Anteil von Bacteroidetes mit zunehmendem Gewichtsverlust anstieg, und zwar sowohl bei einer fettreduzierten als auch bei einer kohlenhydratreduzierten Ernährung. Ein möglicher Erklärungsansatz für den höheren Anteil an Firmicutes bei übergewichtigen Menschen könnte die Menge an kurzkettigen Fettsäuren im Darm sein. In einer Untersuchung an einem Tiermodell wurde bei adipösen Mäusen eine deutlich höhere Konzentration von kurzkettigen Fettsäuren (KKFS) im Stuhl festgestellt. Die Energie aus KKFS kann 8-10 % der Gesamtmenge ausmachen und spiegelt möglicherweise die höhere Energiegewinnung aus nicht resorbierbaren Kohlenhydraten wider, die von Firmicutes-Bakterien produziert werden.
Negative Einflüsse auf die Entwicklung eines "gesunden" Mikrobioms:
Ungünstige Ernährungsgewohnheiten, die sich negativ auf die Entwicklung des Mikrobioms auswirken, können bereits im Säuglingsalter durch die Verwendung von Formula-Nahrung in den ersten Lebensmonaten manifestiert werden. Im Jugendlichen und Erwachsenenalter stören vor allem Stress, industriell erzeugte Lebensmittel und Zutaten wie Süßstoffe, Alkohol oder Umweltgifte in den Nahrungsmitteln die Entwicklung des Mikrobioms. Darüber hinaus ist oft eine (unnötige) Antibiotika-Therapie, die nicht zwischen pathogenen und physiologischen Keimen unterscheidet, der Hauptgrund für die Entwicklung von Dysbiosen. Während und nach einer Antibiotika-Gabe kann präventiv einer Dysbiose mit einer probiotischen oder synbiotischen Therapie vorgebeugt werden oder die Wiederherstellung eines „gesunden“ Mikrobioms angestrebt werden.
Risiken für Krankheiten in Verbindung mit dem Mikrobiom:
Störungen im Mikrobiom (Dysbiose), eine reduzierte Vielfalt oder Fehlbesiedlung können als potenzielle Risikofaktoren für verschiedene Krankheiten betrachtet werden. Dazu zählen Probleme mit der Darmbewegung (Diarrhöe oder Verstopfung), das Reizdarmsyndrom, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Adipositas oder Fettstoffwechselstörungen, Autoimmunerkrankungen wie Allergien oder Psoriasis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn), bösartige Tumore sowie neurologisch-psychiatrische Erkrankungen. Die Ursachen für diese beobachteten Zusammenhänge können vielfältig sein. Interaktionen zwischen den Rezeptoren der Epithel- und Immunzellen der Darmwand und den Produkten des bakteriellen Stoffwechsels wie kurzkettigen Fettsäuren oder Lipopolysacchariden sind denkbar.
Die GANZIMMUN Diagnostics GmbH hat auf Grundlage von Literaturangaben zu risikobehafteten Keimen ein Risikoprofil für mikrobiomassoziierte Erkrankungen erstellt. In diesem Profil werden Risiken für folgende Krankheiten berücksichtigt:
- Metabolische Erkrankungen:
- Adipositas
- Alkoholische Fettleber
- Diabetes mellitus Typ 2
- Kardiovaskuläre Erkrankungen
- Nicht-alkoholische Fettleber
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Reizdarmsyndrom:
- Histaminintoleranz
- Leaky-Gut-Syndrom
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Reizdarm
- SIBOS (Small Intestinal Bacterial Overgrowth Syndrom)
- Entzündliche Darmerkrankungen:
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Dysbiose
- Gastrointestinale Infektanfälligkeit
- Kolorektales Karzinom
- Reduzierte Kolonisationsresistenz
- Autoimmunerkrankungen:
- Allergie/Asthma
- Diabetes mellitus Typ 1
- Psoriasis
- Rheumatoide Arthritis
- Zöliakie
- Neurologische Erkrankungen:
- Autismus-Spektrum-Störung
- Chronisches Fatigue-Syndrom
- Depression
- Morbus Alzheimer
- Morbus Parkinson
Zusätzlich können Untersuchungen zu potenziell pathogenen Bakterien durchgeführt werden. Dazu gehören Clostridium difficile, das Toxin A/B produziert und antibiotikainduzierte Durchfälle verursachen kann, sowie Helicobacter pylori, der zu Geschwüren im Magen und Zwölffingerdarm sowie Magenkrebs führen kann. Bei Helicobacter pylori ist besonders die zunehmende Antibiotikaresistenz gegen Clarithromycin von Bedeutung.
Metabolisches Syndrom, Adipositas, Diabetes mellitus
Obwohl Adipositas bei den meisten Patienten durch eine hochkalorische Nahrungsaufnahme und Bewegungsmangel verursacht wird, zeigen einige Studien eine Korrelation zwischen den Bakterien und dem Gewicht der Patienten. Es wurde beobachtet, dass adipöse Patienten typischerweise eine geringe Kolonisierung durch Bacteroidetes und ein Überwiegen des Firmicutes-Stammes aufweisen.
In einer anderen Studie mit 115 Patienten wurde durch qPCR gezeigt, dass ein niedriger Anteil an Bacteroidetes, Bifidobacterium spp. und Methanobrevibacter smithii sowie ein erhöhter Anteil an Lactobacillus reuteri mit Übergewicht assoziiert war. Daher wird angenommen, dass Bakterienstämme, die eine höhere Effizienz bei der Spaltung unverdauter Kohlenhydrate aufweisen, zu einer höheren Energiegewinnung beitragen und die Entwicklung von Übergewicht begünstigen.
John K. Dibaise, der die Ergebnisse bisheriger Studien untersucht hat, fand einen Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms und der Entwicklung von Risikofaktoren im Zusammenhang mit dem metabolischen Syndrom. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen.
Die Untersuchungen zeigten, dass konventionell gezüchtete Mäuse einen 40% höheren Fettanteil im Vergleich zu "keimfreien" Mäusen aufwiesen, obwohl sie weniger Futter erhielten. Nach der Übertragung der Darmkeime der konventionell gezüchteten Tiere auf die keimfreien Mäuse stieg ihr Fettanteil innerhalb von 2 Wochen um 60%. Dabei wurden weder die Zusammensetzung noch die Menge des Futters geändert. Die Fettzunahme war mit einer erhöhten Insulinresistenz, Vergrößerung der Fettzellen sowie höheren Spiegeln von Glukose und Leptin im Blut verbunden.
Der zugrundeliegende Mechanismus basiert auf der Fermentation unverdauter Polysaccharide, wodurch resorbierbare Monosaccharide und kurzkettige Fettsäuren entstehen. Diese werden von Leber und Fettgewebe aufgenommen, in Fett umgewandelt und gespeichert. Die Gewichtszunahme wird auch durch die Unterdrückung des intestinalen fasting induced adipocyte Factors (FIAF) verursacht. FIAF hemmt die Aktivität der Lipoprotein-Lipase (LPL), die Fettsäuren aus Lipoproteinen freisetzt. Durch die unterdrückte FIAF steigt die LPL-Aktivität, und somit auch die Menge der freigesetzten Fettsäuren. Gleichzeitig wird die Aktivität der adenosine monophosphate-activated protein Kinase (AMPK) hochreguliert, die Zellen vor Energiemangel schützt.
Zusätzlich zu diesen Mechanismen fördert die durch Dysbiose verursachte Gewichtszunahme und die damit verbundene Insulinresistenz eine chronische, niedriggradige, systemische Entzündung, bekannt als Silent Inflammation.
In verschiedenen Tierversuchen wurde festgestellt, dass Lipopolysaccharide (LPS) aus der Zellwand von gramnegativen Bakterien, die als Endotoxine gelten, in Verbindung mit einer fettreichen Ernährung eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von chronischer Entzündung und metabolischem Syndrom spielen. Die Veränderung der LPS-Konzentration bei einer fettreichen Ernährung hatte Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Darmbakterien. Die Endotoxinämie reduzierte sowohl die gramnegativen Bacteroides spp. als auch die grampositiven Eubacterium rectale, Clostridium coccoides und Bifidobacteria spp. Dies führte insgesamt zu einem Anstieg des Anteils gramnegativer Bakterien. Die Endotoxinämie stimuliert die Produktion von proinflammatorischen Zytokinen wie Tumornekrosefaktor (TNF), Plasminogen-Aktivator-Inhibitor Typ-1 (PAI-1), Interleukin-1 und IL-6 durch Bindung von LPS an der Oberfläche von CD14-Lymphozyten. Daher wird angenommen, dass diese chronische metabolische Endotoxinämie über das LPS/CD-14-System die Insulinsensitivität beeinträchtigt und somit die Entwicklung von Übergewicht und Diabetes fördert.
In Studien an Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 wurde festgestellt, dass diese höhere LPS-Spiegel im Blut aufweisen als Patienten ohne Diabetes. Eine Behandlung mit Polymyxin B, einem speziellen Antibiotikum gegen gramnegative Keime, führte zu einer Reduzierung der LPS-Exposition und der Leberverfettung.
Ein rapide zunehmendes Auftreten von Adipositas, Insulinresistenz und Diabetes mellitus bei Kindern und Jugendlichen wird insbesondere in den Industrieländern beobachtet. Diese Zivilisationskrankheiten werden in der Literatur mit Dysbiose und Fehlbesiedelung des Mikrobioms in Verbindung gebracht, wobei der Einsatz von Antibiotika als eine mögliche Ursache vermutet wird. Eine Forschungsgruppe der School of Medicine an der University of Pennsylvania hat Daten von etwa 10 Millionen Patienten aus Großbritannien analysiert. Das Ergebnis zeigt, dass das Risiko dieser Erkrankungen mit der Anzahl der Antibiotikatherapien steigt, während antimykotische oder antivirale Therapien keinen Einfluss auf die Häufigkeit und Progression dieser Erkrankungen haben.
Entzündliche Darmerkrankungen
Entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa stellen ernsthafte Diagnosen dar, die von Symptomen wie Diarrhöe, Bauchschmerzen und peranalen Blutungen begleitet werden. Obwohl die primäre Manifestation im Darm stattfindet, können auch Gelenke, Augen und Haut betroffen sein. Diese Darmerkrankungen sind relativ häufig und treten in Europa mit einer Prävalenz von 1:198 für Colitis ulcerosa und 1:310 für Morbus Crohn auf. Eine defekte mukosale Barriere gegenüber den normalen Darmbakterien spielt eine zentrale Rolle als Ursache.
Bei beiden Darmerkrankungen wird eine erniedrigte Diversität als Anzeichen für eine gestörte Darmflora beobachtet. Diese Störung führt zu einer geringen Besiedelung mit Bakterien wie Roseburia spp., Ruminococcus spp., Akkermansia muciniphila, Faecalibacterium prausnitzii und Odoribacter splanchnicus, die normalerweise die schützende Mukusschicht aufrechterhalten. Das Fehlen dieser Bakterien und ihrer kurzkettigen Fettsäuren, insbesondere Buttersäure, beeinträchtigt die Schutzmechanismen der Darmschleimhaut, was zu einer erhöhten Entzündungsneigung und einer bakteriellen Invasion führen kann. Ein erhöhter Anteil von Escherichia und Shigella, die durch ihre Lipopolysaccharide die Toll-like Rezeptoren 4 (TLR4) aktivieren, sowie eine stärkere Besiedelung mit Fusobacterium spp. werden als mögliche Ursachen für die Entstehung von Colitis ulcerosa diskutiert.
Die am häufigsten diagnostizierte Störung bei Patienten mit Magen-Darm-Beschwerden ist das Reizdarmsyndrom. Dabei handelt es sich um eine Funktionsstörung des Darms, von der Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Zu den Symptomen des Reizdarmsyndroms zählen rezidivierende Bauchschmerzen, Diarrhö, Obstipation und Flatulenz. Obwohl gründliche ärztliche Untersuchungen keine organbezogene Ursache feststellen können, werden als mögliche Ursachen enterale Motilitätsstörungen, viszerale Hypersensibilität, familiäre Veranlagung sowie konstitutionelle und psychische Belastungsfaktoren genannt.
In der Grundlagenforschung des menschlichen Mikrobioms wurde bei vielen Patienten ein Zusammenhang zwischen diesen Beschwerden und der Zusammensetzung der Darmbakterien beobachtet. Im Vergleich zur Kontrollgruppe von beschwerdefreien Patienten resultieren diese Unterschiede in einem etwa 1,5-fachen Anstieg der Anzahl an Bakterien der Gattungen Dorea, Ruminococcus und Clostridium spp. sowie einer deutlichen Reduktion der Gattungen Bifidobacterium spp. und Faecalibacterium prausnitzii.
Der Darmkrebs (kolorektale Karzinom = CRC) ist die zweithäufigste Tumorart bei Männern in Deutschland, wobei das Kolonkarzinom die höchste Inzidenzrate in Westeuropa aufweist. Neben genetischen Faktoren (ca. 10 % der Fälle), Rauchen, Ernährungsfehlern und Alkoholkonsum wird die Tumorgenese vor allem durch langjährige chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Dysbiosen begünstigt.
Zahlreiche Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass dem dysbiotischen Mikrobiom eine ursächliche Bedeutung zukommt. Einzelne Bakterien wie Fusobacterium nucleatum und sein Virulenzfaktor FadA-Protein können die Entstehung von Kolonkarzinomen und deren Metastasierung begünstigen.
In aktuellen Forschungen wurde zudem nachgewiesen, dass eine hohe relative Häufigkeit von Providencia spp. bei Patienten mit kolorektalem Karzinom deutlich häufiger anzutreffen ist als bei Gesunden. Eine Besiedlung des Darms mit Escherichia coli vom Typ NC101 oder Bacteroides fragilis kann ebenfalls eine karzinogene Wirkung entfalten. Eine verminderte Diversität sowie eine stark reduzierte mukosaprotektive Flora gehören zu den bedeutendsten Risikofaktoren der Tumorentstehung. Akkermansia muciniphila und Faecalibacterium prausnitzii werden derzeit als der wichtigste Schutzfaktor vor Neoplasien betrachtet.
Die Rheumatoide Arthritis (RA) zählt zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Autoimmunerkrankungen. In einer Studie wurden Stuhlproben von Patienten mit RA untersucht und mit einem gesunden Kollektiv verglichen. Obwohl sich auf der Ebene der Bakterienstämme keine relevanten Unterschiede ergaben, wurde eine deutliche Abweichung in der Häufigkeit der Gattung Prevotella spp. bei 75 % der Patienten mit RA festgestellt. Insbesondere wurde Prevotella copri als häufigste Spezies identifiziert, und dabei zeigten sich zwei pathophysiologische Phänomene: Zum einen wiesen Prevotella-dominante Mikrobiome im Gegensatz zu Bacteroides-dominanten Mikrobiomen erhöhte Spiegel an proinflammatorischem Trimethylamine-N-Oxid (TMAO) im Serum auf. Zum anderen zeigte sich eine reduzierte Folsäure-Biosynthese (THF) des Mikrobioms.
Methotrexat (MTX) ist ein THF-Antagonist und Inhibitor der Dihydrofolatreduktase (DHF), der zur Behandlung der RA eingesetzt wird. Die Entdeckung der reduzierten Folsäure-Biosynthese bei Prevotella-dominierten Metagenomen führte zu einer interessanten Beobachtung bei Patienten mit RA unter MTX-Therapie. Etwa die Hälfte der Patienten reagierte adäquat auf die primäre MTX-Dosierung. Die andere Hälfte benötigte oft eine zusätzliche intravenöse Gabe von MTX, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Die Analyse des intestinalen Mikrobioms zeigte, dass die erste Patientengruppe ein von Prevotella dominiertes Metagenom aufwies, während die Patientengruppe mit erhöhtem Bedarf an MTX ein von Bacteroides dominiertes Metagenom hatte. Aus den Ergebnissen der metagenomischen Untersuchung der Darmflora könnten zukünftig alternative Therapieoptionen abgeleitet werden.
Kardiovaskuläre Krankheiten
Kardiovaskuläre Krankheiten (KVK) sind weltweit die häufigsten Erkrankungen. Die Progression dieser Erkrankungen wird unter anderem durch das proinflammatorische Trimethylamine-N-Oxid (TMAO) begünstigt. TMAO entsteht in der Leber aus Trimethylamin (TMA), das von Bakterien produziert wird, die den Dickdarm besiedeln. TMA wird besonders bei Menschen mit hohem Fleischkonsum in höheren Konzentrationen gemessen.
Studien über die metabolischen Eigenschaften der Darmbakterien haben gezeigt, dass einige Bakterien TMA aus dem Substrat Cholin herstellen. Die Stämme Firmicutes und Proteobacteria wurden als Hauptproduzenten von TMA identifiziert. Diese Bakterien konkurrieren daher mit dem Menschen um das Substrat Cholin, aus dem im Körper der wichtige Neurotransmitter Acetylcholin entsteht. Eine reduzierte Aufnahme führt daher zu Fehlfunktionen verschiedener Organe und begünstigt die Entstehung von KVK, Krebs oder Leberschäden.
Eine ausgewogene Ernährung, die genügend Methionin und Folsäure enthält, macht eine zusätzliche Aufnahme von Cholin in der Regel überflüssig. Darüber hinaus kann das Wissen über mögliche kardiovaskuläre Risiken seitens der Darmflora helfen, durch gezielte Therapien mit Probiotika oder Präbiotika einer Progression dieser Erkrankungen vorzubeugen.
Oxalsäure ist in nahezu allen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Besonders hohe Mengen finden sich in Sauerampfer, Rhabarber, roter Bete, Buchweizen, Spinat und verschiedenen Früchten. Gelangt die Oxalsäure unverändert in den Darm und wird dort nicht abgebaut, wird sie resorbiert und anschließend durch die Nieren ausgeschieden. Aufgrund ihrer geringen Löslichkeit im Urin können sich Oxalsäurekristalle bilden. In Verbindung mit Calcium entstehen dann Calciumoxalat-Steine, die bei ausgeprägter Nephrolithiasis zu schmerzhaftem Urinstau, Entzündungen der Blase und/oder des Nierenbeckens führen können. In schwerwiegenden Fällen kann dies bis zur Pyelonephritis oder postrenalem Nierenversagen führen. Etwa 10% der Bevölkerung in Nordamerika und Europa sind von dieser belastenden Nierensteinbildung betroffen.
Oxalobacter formigenes, ein gramnegativer und anaerober Keim, spielt eine wichtige Rolle bei der Degradation von Oxalaten im Darm, wodurch diese in Formiate und CO2 umgewandelt werden. Aus diesem Grund wird er als ein nephroprotektiver Keim betrachtet. Bei Kindern im Alter von 6 bis 8 Jahren ist dieser Keim nahezu vollständig vorhanden. Im späteren Leben nimmt seine Präsenz im Darm jedoch ab, so dass nur noch etwa 70 % der Menschen diesen Keim beherbergen. Die häufigste Ursache für den Verlust dieses Keims im Darm ist die unnötige und breite Anwendung von Antibiotika.
Ein gesunder Lebensstil sowie die Reduzierung der unnötigen Antibiotikaeinnahme, insbesondere bei Infektionskrankheiten viralen Ursprungs, könnten dazu beitragen, dass sich die Darmflora spontan mit diesem Keim wieder besiedelt.
Neuropsychiatrische Erkrankungen
In den letzten Jahren wurden vermehrt Untersuchungen zum Einfluss der Darmflora auf die Entwicklung von Erkrankungen wie Autismus, Demenz und neuropsychiatrischen Störungen durchgeführt. Es wurde beobachtet, dass entzündliche Prozesse die Entstehung von Schizophrenie, Depressionen und bipolaren Störungen begünstigen können. Die Verbindung zwischen diesen Erkrankungen und Veränderungen in der Darmflora legt nahe, dass Veränderungen im Gastrointestinaltrakt eine bedeutende Rolle bei neuropsychiatrischen Erkrankungen spielen könnten.
In Untersuchungen von Stuhlproben autistischer Kinder wurde im Vergleich zum gesunden Kollektiv eine bis zu 10-fache Erhöhung der relativen Häufigkeit der Gattung Clostridium spp. festgestellt. Zudem manifestierte sich eine Verschiebung der Häufigkeitsverteilung der Stämme Bacteroidetes und Firmicutes zugunsten von Bacteroidetes sowie weiteren Darmbakterien wie Bifidobacterium, Lactobacillus, Sutterella, Prevotella, Ruminococcus und Alcaligenaceae. Des Weiteren wurden chronische Darminfektionen durch Clostridium tetani nach Antibiotikatherapie, Fehlbesiedlungen und eine daraus resultierende Produktion von Neurotoxinen sowie eine signifikante Erhöhung der Lipopolysaccharide (LPS) im Blut autistischer Kinder beobachtet.
Im Falle von Depressionen wurden bisher als Ursachen neuropsychiatrische Störungen, immunologische Prozesse, genetische Veranlagung oder Umweltfaktoren in Betracht gezogen. Die seit kurzem beobachtete Korrelation mit dem intestinalen Mikrobiom wird mit wachsendem wissenschaftlichem Interesse verfolgt. In klinischen Studien, in denen das intestinale Mikrobiom charakterisiert wurde, konnte eine überdurchschnittliche Häufung an Alistipes aus dem Stamm Bacteroidetes sowie Lactobacillus spp. und Bifidobacterium bei Patienten mit Depression und Angstsymptomatik festgestellt werden.
Die Veränderungen im Mikrobiom verursachen eine Erhöhung der Permeabilität der Darmschleimhaut und somit eine Steigerung von LPS im Blut, was zur Aktivierung von entzündlichen Prozessen führt und letztendlich als ursächlicher Faktor bei neuropsychiatrischen Erkrankungen vermutet wird. Bei Faecalibacterium prausnitzii konnte dagegen eine negative Korrelation zwischen der relativen Häufigkeit des Keimes und der Schwere der Manifestation einer Depression festgestellt werden. Oscillibacter spp., Keime, die zur Klasse der Clostridien gehören, bilden Valeriansäure als Hauptstoffwechselprodukt. Valeriansäure hat eine strukturelle Ähnlichkeit mit γ-Aminobuttersäure (GABA), und es wurde nachgewiesen, dass sie am GABAa-Rezeptor binden kann. Es wird vermutet, dass Bakterien, die an der Produktion oder dem Stoffwechsel von Valeriansäure beteiligt sind, einen Zusammenhang mit Depressionen haben können.
Labordiagnostik
Die von der GANZIMMUN Diagnostics GmbH angebotene metagenomische Stuhlanalyse zur Erkennung von Dysbiosen umfasst die molekulargenetische Analyse des gesamten bakteriellen intestinalen Mikrobioms - im Gegensatz zur konventionellen Stuhldiagnostik, mit der nur ein eingeschränkter Bereich der vorhandenen Darmkeime identifiziert werden kann. Die Mikrobiom-Daten und ihre Expertise werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert und erweitert, so dass neue Erkenntnisse in dem Befund wiedergegeben werden.
Im 20. Jahrhundert basierte der Standard der mikrobiologischen Stuhldiagnostik hauptsächlich auf einer kulturellen Anzucht auf Nährmedien und anschließender enzymatischer Differenzierung. Bei den kulturellen Methoden wachsen jedoch nur wenige der anaeroben Bakterien, die den Großteil der Darmbakterien ausmachen. In den letzten Jahren hat es jedoch eine rasante Entwicklung der Untersuchungsmethoden gegeben. In modernen Labors erfolgt die Identifizierung der Bakterien heute größtenteils aus der Anzucht auf Nährmedien mithilfe der Massenspektrometrie (MALDI-TOF = Matrix Assisted Laser Desorption Ionization-Time of Flight) oder direkt aus dem eingesandten Material mittels molekularbiologischer Methoden (PCR = Polymerase Chain Reaction). Ein Nachteil ist jedoch, dass die PCR eine sehr selektive und kostenintensive Technologie ist.
Die molekulargenetische Untersuchung beinhaltet:
- Aussage über die bakterielle Dysbiose
- Analyse der Artenvielfalt des intestinalen Mikrobioms (Diversität)
- Beurteilung der mukosaprotektiven Flora
- Erfassung des Enterotyps
- Ermittlung der Firmicutes/Bacteroidetes-Ratio
- Häufigkeitsverteilung der bedeutendsten Bakterienstämme
- Analyse von Risikofaktoren für Mikrobiom-assoziierte Erkrankungen
- Befundinterpretation
- Therapieempfehlungen inklusive ernährungstherapeutischer Maßnahmen
Therapieoptionen
Grundsätze der Mikrobiom-Therapie
Die Entfaltung, Vielfalt und Beständigkeit des Darmmikrobioms sind sensibel mit den Lebens- und Ernährungsgewohnheiten einer Person verbunden. Daher sollte das Darmmikrobiom stets als Produkt des individuellen Lebensstils betrachtet werden. Im Gegenzug lässt sich daraus schließen, dass eine nachhaltige Stabilisierung des Darmmikrobioms nur durch die Beseitigung von Ernährungsfehlern und anderen ungünstigen Lebensumständen erreicht werden kann.
Die Mikrobiom-Therapie beruht einerseits auf einer langfristigen Anpassung der Ernährung und andererseits auf der Verabreichung präbiotischer Präparate. Durch diese Therapie werden die Bedingungen im Darm auf biologische Weise stabilisiert, was wiederum die gewünschte Anpassung des Mikrobioms bewirkt. Dies unterstreicht, dass nicht die Zufuhr lebensfähiger Mikroorganismen in Form von Probiotika im Mittelpunkt steht, sondern vielmehr die Bereitstellung eines geeigneten Substrats für die gewünschte Modulation des Mikrobioms von höchster Bedeutung ist.
Auf der anderen Seite kann durch sinnvolle Ernährungskonzepte auch ein Entzug von Substraten für unerwünschte Keimspezies umgesetzt werden. Die Prinzipien sind unkompliziert und einfach zu vermitteln:
-
Durch die Bereitstellung geeigneter Substrate erhalten wünschenswerte Mikroben Überlebens- und damit Selektionsvorteile.
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Die Vermehrung und Stoffwechselaktivität unerwünschter Mikroben werden einerseits durch den Entzug von Nährstoffen gehemmt. Gleichzeitig werden sie durch die Förderung der antagonistischen Flora verdrängt.
In diesem Zusammenhang sollten auch längerfristige Ernährungsumstellungen überdacht werden, die durch eine hohe Proteinzufuhr und Fettzufuhr bei gleichzeitiger maximaler Reduktion fermentierbarer Kohlenhydrate gekennzeichnet sind, wie dies beispielsweise bei Abnehmdiäten oder bei onkologischen Erkrankungen der Fall ist. Wenn nicht ausreichend Ballaststoffe aufgenommen werden, ist in solchen Fällen mit einer bedeutenden nachteiligen Umgestaltung der gastrointestinalen Mikrobiota zu rechnen. Dieser Aspekt sollte bei der Bewertung des Nutzens einer Diät stärker berücksichtigt werden.
Ein physiologisches Darmmikrobiom mit hoher Diversität setzt voraus, dass die Ernährung dauerhaft abwechslungsreich, fettarm, ballaststoffreich und mit sekundären Pflanzeninhaltsstoffen angereichert ist. Ein Beispiel dafür wäre die vegetarische Vollwertkost. Im Gegensatz dazu stehen die westlichen, hyperkalorischen Ernährungsformen, die durch einen hohen Anteil an Fett, Eiweiß und einfachen Kohlenhydraten sowie eine geringe Ballaststoffzufuhr gekennzeichnet sind. Diese ungünstigen westlichen Ernährungsgewohnheiten, die oft schon im Säuglingsalter durch die Verwendung von Säuglingsnahrung ihren Anfang nehmen, widersprechen somit der Entwicklung eines gesunden Mikrobioms.
Eine kurzfristige Änderung der Ernährung oder die Einnahme probiotischer Präparate wird das Darmmikrobiom nicht langfristig verändern.
Das Butyrat-Paradoxon
Stress, ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, der übermäßige Konsum industriell erzeugter Lebensmittel sowie die regelmäßige Zufuhr von Zusatzstoffen wie künstliche Aromen, Farbstoffe, Zuckeraustauschstoffe und Nahrungsemulgatoren, Alkohol sowie verschiedene toxische Rückstände in den Nahrungsmitteln können die Entwicklung eines gesunden, stabilen Mikrobioms behindern. Zusätzlich dazu sind oft unnötige Antibiotika-Therapien ein bedeutender Grund für die Entstehung von Dysbiosen. Daher sollte während sowie im Anschluss an eine Antibiotika-Gabe eine präventive, probiotische oder synbiotische Therapie in Erwägung gezogen werden.
Stoffe, die die Entwicklung eines gesunden Mikrobioms fördern |
Ballaststoffquellen (Präbiotika) wie:
Sekundäre Pflanzenstoffe aus der Gruppe der Polyphenole wie:
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Substanzen, die ein unphysiologisches Mikrobiom fördern |
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Grundsätzliche Informationen zu Ballaststoff en
Ballaststoffe sind unverdauliche Kohlenhydrate in pflanzlichen Lebensmitteln, die ausschließlich als Nahrungssubstrat für das Mikrobiom dienen und nicht für den Menschen. Diese einfache Tatsache lässt direkt darauf schließen, dass eine unzureichende Aufnahme von Ballaststoffen zwangsläufig zu "Versorgungsstörungen" im Mikrobiom führt. Diese Störungen können schwerwiegende und ausschließlich nachteilige Veränderungen in der gesamten gastrointestinalen Mikrobiota verursachen, die letztlich auch den Wirt in entsprechendem Maße beeinflussen.
Es gibt grundsätzlich eine Unterscheidung zwischen wasserlöslichen (wie Inulin, Pektin, ß-Glucan) und wasserunlöslichen (wie Zellulose) Rohfaserstoffen, die teilweise unterschiedliche Auswirkungen auf die gastrointestinale Mikrobiota haben (siehe Tabelle 1, Seite 21) sowie auf das Verdauungsgeschehen. Da der menschliche Organismus nicht über Enzyme zum Abbau von Ballaststoffen verfügt, gelangen diese in den Dickdarm. Dort dienen sie besonders in Form von wasserlöslichen "dietary fibres" dem Mikrobiom als Substrat, was zu den bereits erwähnten Überlebens- und Selektionsvorteilen führt. Bei der Metabolisierung der Ballaststoffe steigt die Konzentration wichtiger kurzkettiger Fettsäuren wie Butyrat, Acetat und Propionat, die von der Darmflora metabolisiert werden.
Rohfaserstoffe haben aufgrund ihres hohen Wasserbindungsvermögens die Fähigkeit, sowohl das Stuhlgewicht als auch das Stuhlvolumen zu vergrößern. Diese Bindungsfähigkeit hängt entscheidend von der Löslichkeit des Ballaststoffs im Wasser ab. Grundsätzlich profitieren alle Bakterienspezies von einem erhöhten Wassergehalt. Abhängig von der Art der Ballaststoffe haben einige Bakterienspezies gegenüber anderen einen Vorteil, sodass sich durch die Menge und Auswahl von Ballaststoffen das intestinale Mikrobiom modulieren lässt.
Ballaststoffe reduzieren die intestinale Transitzeit von (bei der üblichen Ernährung) durchschnittlich 1 bis 3 Tagen auf 20 bis 28 Stunden, was sich ebenfalls stabilisierend auf das Mikrobiom auswirkt. Es besteht eine direkte Beziehung zwischen der durch Ballaststoffe bedingten Erhöhung des Stuhlgewichts und -volumens und der Verweilzeit der Ingesta im Verdauungstrakt: Je höher das Stuhlgewicht ist, desto geringer ist die Transitzeit. Eine kürzere Transitzeit führt zudem zu einer schnelleren Ausscheidung toxischer Substanzen.
Grundsätzliche Informationen zu Präbiotika
Präbiotika sind Bestandteile von Lebensmitteln, die in die Gruppe der löslichen Ballaststoffe fallen. Sie setzen sich aus unverdaulichen natürlichen Fructo-Oligosacchariden (FOS) oder Galacto-Oligosacchariden (GOS) zusammen, sind magensäurestabil und stehen - gemäß den oben genannten Prinzipien zu Ballaststoffen - dem Mikrobiom und nicht dem menschlichen Organismus als Nährsubstrat zur Verfügung. Daher beeinflussen Präbiotika selektiv das Wachstum und die Stoffwechselaktivität des intestinalen Mikrobioms im Kolon. Ihnen wird daher eine bedeutende gesundheitserhaltende Wirkung zugeschrieben. Viele pflanzliche Lebensmittel enthalten von Natur aus Präbiotika (siehe Tabelle 1).
Es haben sich Mischungen verschiedener Präbiotika bewährt, die in fertigen Formulierungen in unterschiedlichen Kombinationen vorliegen. Dazu gehören:
- Flohsamenschalen
- Baobabfrucht (afrikanischer Affenbrotbaum)
- Akazienfasern (Gummiarabikum)
- Resistente Stärke (z. B. resistente Dextrine, Amylopektin)
- Pektin und andere.
Oligosaccharide, insbesondere präbiotische Oligosaccharide, sind die bedeutendste Gruppe innerhalb der Präbiotika und sind sogar in der Muttermilch enthalten. Ihre Anwesenheit in der Muttermilch ist entscheidend für eine gesunde Entwicklung des kindlichen Mikrobioms. Dies unterstreicht die Relevanz des Einsatzes von Präbiotika bereits im Kindesalter.
Präbiotikum | präbiotische Nahrungsmittel | Hinweis | gesundheitsförderliche Wirkungen |
---|---|---|---|
Polysaccharide z. B. Beta-Glucane, Pektin, Resistente Stärke | Beta-Glucane: Gerste, Hafer, Pilze wie Backhefe, Shiitake Pektine: Obst wie Apfel, Aprikose, Baobabfrucht, Karotten. Resistente Stärke: fein gemahlene Getreidekörner, abgekühlte, gekochte Kartoffeln und Reis, sowie Brotkrusten. |
Reduzierung der Firmicutes, Steigerung der Fäulnisflora | Förderung von Faecalibacterium, Lactobacillus und Bifidobacterium, Stimulierung der Butyratbildung, entzündungshemmende Wirkung, Hemmung von pathogenen Keimen (z. B. Clostridien). Beta-Glucane wirken immunstimulierend. |
Polyfructosane z. B. Inulin | Topinambur, Schwarzwurzeln, Chicorée, Artischocken, Lauch, Zwiebeln, Knoblauch, Roggen, Weizen, Bananen | Erhöhung von Akkermansia, Faecalibacterium, Bifidobacterium, Lactobacillus, Reduzierung der Mukosaentzündung. | Erhöhung von Akkermansia, Faecalibacterium, Lactobacillus und Bifidobacterium, Anregung der Butyratbildung, Entzündungshemmung, Hemmung von pathogenen Keimen wie Clostridien. |
Oligogalactose (GOS, Galacto-Oligosaccharide) z. B. Stachyose, Raffinose | Milch, Muttermilch, Leguminosen, Kürbisgewächse | Erhöhung von Akkermansia, Faecalibacterium, Bifidobacterium, Lactobacillus, Reduzierung der Mukosaentzündung. | Die Stimulierung von Akkermansia, Faecalibacterium, Lactobacillus und Bifidobacterium fördert die Bildung kurzkettiger Fettsäuren und hemmt das Wachstum pathogener Keime, wie zum Beispiel Clostridien. |
Oligofructose (FOS, Fructo-Oligosaccharide) | Schwarzwurzeln, Topinambur, Chicorée, Artischocken, Lauch, Knoblauch, Zwiebeln, Weizen, Roggen, Hafer, Bananen | Erhöhung von Akkermansia, Faecalibacterium, Bifidobacterium, Lactobacillus, Reduzierung der Mukosaentzündung. | Anregung von Akkermansia, Faecalibacterium, Lactobacillus und Bifidobacterium, Förderung der Bildung kurzkettiger Fettsäuren, Entzündungshemmung, Hemmung von pathogenen Keimen (z. B. Clostridien) |
Tab. 1: Zusammenstellung der Anwendungsbereiche und förderlichen Wirkungen unterschiedlicher Präbiotika
* Es wird empfohlen, sich in der Ernährung vor allem auf alte Getreidesorten, auch bekannt als Urgetreide (z. B. Emmer, Dinkel, Urkorn), und daraus hergestellte Produkte zu konzentrieren. Traditionell hergestellte Backwaren weisen einen geringeren Anteil an Zusatzstoffen sowie potenziell schädlichen Bestandteilen wie α-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) oder Lektinen auf. Diese Proteine, als Anti-Nährstoffe bezeichnet, können Entzündungen der Darmschleimhaut und eine erhöhte Darmpermeabilität verursachen und bei prädisponierten Personen zu unspezifischen Bauchbeschwerden führen. Handwerkliches Backen, insbesondere durch längere Teigführung, trägt zu einem stärkeren Abbau dieser Substanzen bei. Industriell hergestellte Fertigbackwaren (z. B. aus Backautomaten) und Mehle aus großflächigem Anbau sollten daher vermieden werden.
Der Bezug entsprechender Backwaren kann über Biobäckereien oder Reformhäuser erfolgen. Als Alternative bietet sich selbst gebackenes Brot an. Es ist wichtig, individuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten auszuschließen (z. B. Glutenunverträglichkeit oder Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität, NZWS).
Allgemeine Angaben zu sekundären Pflanzenstoffen
Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe gehören zu einer Gruppe von Substanzen, die von Pflanzen produziert werden und verschiedene Funktionen erfüllen, darunter Abwehr gegen Schädlinge und Krankheiten, Wachstumsregulierung sowie Farbstoffe. Obwohl sie in geringen Mengen vorkommen und nicht zu den Nährstoffen für Menschen zählen, zeigen sie aufgrund ihrer allgemeinen Bioaktivität bedeutende gesundheitsfördernde Eigenschaften. Einige dieser Stoffe haben pharmakologische Wirkungen, die sich beispielsweise gegen Krebs, Infektionen oder freie Radikale richten. Daher wird auch der Begriff "Ernährungspharmakologie" im Zusammenhang mit sekundären Pflanzeninhaltsstoffen verwendet. Zu den bekanntesten gehören Carotinoide, Polyphenole, Phytosterine, Glucosinolate und Phytoöstrogene.
Von evolutionärer Perspektive aus betrachtet, ist anzunehmen, dass bioaktive Substanzen aus Pflanzen eine wesentliche Rolle bei der Erhaltung und Förderung der menschlichen Gesundheit und Leistungsfähigkeit spielen. Dies scheint auch für das intestinale Mikrobiom zu gelten, das in besonderem Maße durch Polyphenole moduliert wird. Zur Gruppe der Polyphenole gehören Verbindungen wie Procyanidine sowie Farbstoffe wie Flavonoide und Anthocyane. Eine abwechslungsreiche Ernährung, die reich an frischem Obst und Gemüse ist, liefert ausreichend hohe Konzentrationen an sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Die westlichen Ernährungsgewohnheiten erfüllen diese Anforderungen in der Regel nicht mehr, sodass die Frage nach geeigneten Nahrungsergänzungen immer wieder aufkommt.
Polyphenole haben einerseits bedeutende präbiotische Wirkungen, andererseits wirken sie selektiv antimikrobiell (siehe Tabelle 3 auf Seite 24). Die Effekte können direkt durch die Substanzen selbst eintreten oder nach der mikrobiellen Biotransformation entstehen. In diesem Fall haben erst die Abbauprodukte der Polyphenole eine Auswirkung auf das Gleichgewicht des Mikrobioms sowie auf seinen Wirt.
Eine aktuelle Studie unterstreicht die Relevanz von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen auch für die Spezies Akkermansia muciniphila. Durch Polyphenole werden Akkermansia verwertbare Substrate zugeführt, was Überlebensvorteile mit sich bringt und somit zu seiner Stabilisierung bzw. Vermehrung beiträgt.
Pflanzen mit einem hohen Gehalt an Polyphenolen umfassen:
- Apfelbeeren (z. B. Aronia)
- Blätter und Trauben der Weinreben (einschließlich Traubenkerne/Traubenkernmehl und Rotwein)
- Curcuma (Gelbwurz)
- Ginkgo
- Granatapfelsaft
- Grün- und Schwarztee
- Zistrosen
Ballaststoffe | Präparatebeispiele | Diversität | Saccha-rolyten | Butyrat-bildner | Actetat-/Propionat-bildner | Mucindegra-dation | LPS-tragende Keime | Firmicuten-/Bacterio-detes-Ratio | Prevotella-/Bacterio-detes-Ratio | Sulfat-reduzierer |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Resistente Stärke | ColonBalance® Pulver, Biogena | + | + | + | - | |||||
Inulin | Darm Formula Plus Kapseln, Biogena | + | + | + | - | - | + | + | - | |
Pektin | ColonBalance® Pulver, Biogena | - | + | - | - | |||||
FOS (Fructo-oligosaccharide) | NutraFlora® FOS Pulver, Supplementa | + | + | + | + | + | ||||
Akazienfaser | ColonBalance® Pulver, Biogena | + | + | + | + | - | - | - | ||
Flohsamen-schalen | Prälasan® Pulver, nutrimmun | + | + | + | + | - | - | - | ||
Butyrat | Butyri Plex® Kapseln, Supplementa | + | + |
Tab 2. Auswirkungen von verschiedenen Ballaststoffen und Butyrat auf das Darmmikrobiom
Legende:
+ | förderlich für das Wachstum und die Aktivität |
- | hemmend für das Wachstum und die Aktivität |
Mucindegradation | im Sinne einer physiologischen Mucin-Aufspaltung zur Reinigung und Förderung der Schleimneubildung |
Bakterien, die Lipopolysaccharide (LPS) tragen | Richtig, Lipopolysaccharide (LPS) sind komplexe Moleküle, die einen Bestandteil der äußeren Membran von Gram-negativen Bakterien darstellen. Bei Freisetzung können sie eine immunologische Reaktion auslösen und proinflammatorisch wirken. LPS sind potente Stimulatoren des Immunsystems und können Entzündungsreaktionen hervorrufen, wenn sie in die Blutbahn gelangen. |
Firmicutes/Bacteriodetes-Ratio | Es wurde eine Verbindung zwischen dem Verhältnis von Firmicutes zu Bacteroidetes und der Gewichtsentwicklung identifiziert. |
Prevotella/Bacteriodetes-Ratio | Die Feststellung eines erhöhten Verhältnisses von Prevotella zu Bacteroides könnte ein potenzieller Risikofaktor in der Entstehung der rheumatoiden Arthritis sein. |
Polyphenole | Präparatebeispiele | Keime | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Clostridium spp. | E. coli | Propioni-bacterium | Lactobacillus | Bifidum-bacterium | Bacteroides | Akkermanisa mucin. | Clostridium histolyticum | Clostridium coccoides eubacterium rectale | ||
Epicatechin/Catechin | Darm Formula Plus Kapseln, Biogena | + | - | + | ||||||
(grüner Tee) | Grüner Tee Formula 150 Kap-seln Biogena | - | - | + | + | + | ||||
Procyanidine (rote Trauben) | OPC-Resveratrol Formula Kapseln (Biogena) | - | + | |||||||
Flavanole (Kakao) | als Getränk oder als Bitterschokolade | - | + | |||||||
Tannine (Tee) | als Getränk | + | + | + | - | - | - |
Tab. 3: Einwirkung von Polyphenolen auf spezifische Bakterien im Darm unter Berücksichtigung von Beispielen für Präparate.
Grundsätzliche Informationen zu Probiotika
Probiotika sind lebende Mikroorganismen mit metabolischer Aktivität, die die Magenpassage überstehen und spezifische sowie unspezifische Wirkungen im Darm entfalten. Ihre metabolische Aktivität stärkt die natürliche Darmflora des Patienten, wodurch unerwünschte Keime verdrängt werden können. Durch Substratkonkurrenz hemmen sie Fäulnisbakterien wie beispielsweise Histaminbildner und tragen so zur Stabilisierung eines physiologischen mikrobiellen Darmmilieus bei.
Die positiven Effekte von Probiotika wurden bisher insbesondere in der Prävention von Infektionen und antibiotikaassoziierten Durchfällen nachgewiesen. Ebenso wurden positive Ergebnisse bei der Rezidivprophylaxe, der Colitis ulcerosa und der Behandlung des Reizdarm-Syndroms beobachtet.
Neuere Untersuchungen haben jedoch auch gezeigt, dass probiotische Strategien dazu beitragen können, erhöhte Stresslevel sowie neuropsychiatrische Störungen wie Ängstlichkeit und Depression zu beeinflussen. Bestimmte Stämme wie Lactobacillus rhamnosus, Lactobacillus helveticus oder Bifidobacterium longum weisen psychotrope Effekte auf, die durch die Verabreichung entsprechend hochdosierter Keimaufbereitungen therapeutisch genutzt werden können.
Des Weiteren spielen Probiotika bei Durchfallerkrankungen eine große Rolle. Sie produzieren kurzkettige Fettsäuren, insbesondere Butyrat, sowie Vitamine (B6, B12, K, Biotin, Folsäure). Dadurch tragen sie zur verbesserten Nährstoffversorgung der Schleimhautzellen bei, fördern die Regeneration der Darmbarriere und stärken die Funktion der "tight junctions". Lactobacillus rhamnosus kann die Dauer von Durchfallerkrankungen verkürzen, während Präparate mit Bifidobacterium bifidum eine entzündungshemmende Wirkung entfalten. Studien zeigen, dass die präventive Einnahme von Probiotika das Auftreten nosokomialer Durchfallerkrankungen von 17 % auf 2 % reduzieren kann. Neben den bakteriellen Probiotika wird auch die lyophilisierte Trockenhefe Saccharomyces boulardii zur Regulation der Darmperistaltik und zur Linderung von Beschwerden bei stress-, reise- und insbesondere antibiotika-bedingter Diarrhö angewandt.
In der Mikrobiom-Therapie ergänzen Probiotika die oben beschriebenen präbiotischen Maßnahmen, um die Milieuverhältnisse weiter zu optimieren. Je nach Befund und klinischem Bild können verschiedene Keimkompositionen genutzt werden, die heute verfügbar sind.
Für eine effiziente probiotische Wirkung sind sowohl tägliche Gaben hochkonzentrierter Probiotika (mindestens 1x 10^9) als auch eine möglichst hohe Vielfalt der eingesetzten Bakterienarten erforderlich, was als sogenannte Multispezies-Probiotika bezeichnet wird.